BDG-Newsletter

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Etwa 30 Menschen sitzen in einem Meetingraum
25. Januar 2024

Ehrenamt to go. Man nimmt immer etwas mit.

Ungerade Jahreszahlen sind Wechselzeiten – zumindest im BDG: 2023 hat wie alle zwei Jahre die BDG-Hauptversammlung stattgefunden. Neben vielen schönen Begegnungen und anregenden Diskussionen ist sie auch der Zeitpunkt für den einen oder die andere, sich aus der ehrenamtlichen Arbeit im Präsidium zu verabschieden oder neu zum Aktivkreis dazuzukommen – Zeit also, um kurz innezuhalten: Was nehme ich aus dieser Zeit mit? Was bleibt? Und: Was erwarte ich? Was will ich erreichen? Beispielhaft haben zwei Kollegen Antworten gegeben, warum es sich lohnt, im BDG aktiv zu werden.

Danke, lieber Christian!

Willkommen, lieber Matthias!

Ein Mann steht vor einem Publikum auf einer Bühne und hält einen Vortrag
Christian Büning bei einem seiner vielen Vorträge für den BDG. ©Claudia Siebenweiber, 2018

Machen ist wie wollen, nur krasser.

Ein Zeigefinger, genauer gesagt, mein eigener Zeigefinger war es, der mich zum BDG brachte. Ich war noch Student, hatte meine ersten Aufträge und gerade ein Projekt nicht erhalten, weil jemand anderes meinen Angebotspreis um mehr als die Hälfte unterboten hatte. Ich stand etwas ratlos und aufgeregt vor meiner damaligen Professorin und forderte von ihr, dass sie bitte noch vor der Kaffeepause die Branche so wachrütteln soll, dass niemals wieder jemand einen solchen Schweinepreis anbieten würde. Sie hat meine grobe Unhöflichkeit lächelnd gekontert, meinen Zeigefinger genommen, und auf mich gerichtet mit den Worten: »Machen Sie doch einen Vortrag darüber!«

Wenige Wochen später stand ich vor etwa 60 Leuten und erklärte das System meiner Kalkulation, das ich mir selber ausgedacht hatte, in groben Zügen. In der vierten Reihe saßen gestandene Kollegen, Lederjacke und Glatze, die Hände auf den Knien abgestützt, mit einem Gesichtsausdruck zwischen Morddrohung und Familienfehde. Meine Nervosität machte das nicht geringer. Nach dem Vortrag kamen diese beiden zu mir mit den Worten, dass sie das alles gerne viel früher gewusst hätten und sehr dankbar sind. 

Irgendwie hatten Arne Leichert und Susanne Breitfeld vom BDG etwas später Wind von diesem Vortrag bekommen und mich kurzerhand nach Köln eingeladen. Wir sind ein paar Meter am Rhein geschlendert und irgendwann, kurz nach dem vierten Kaffee, war ich BDG-Mitglied mit der Aussicht, meinen Vortrag in Zukunft öfter zu halten. 

Aus heutiger Sicht war dieser Tag im Jahr 2009 ein sehr guter Tag, denn meine Solo-Selbstständigkeit hat vom BDG enorm profitiert. Schon im nächsten Jahr war ich ins Präsidium gewählt und konnte mich einbringen. Meine Haltung zu meiner Profession, meine Gedanken über das, was ich da täglich mache, konnte ich in diesem Kreis von tollen Kolleg:innen aus ganz Deutschland formulieren, polieren und schleifen. Das Vertrauen innerhalb dieses Kreises war groß und alle sprachen offen über das, was anstand. Stress bei der Arbeit, neue Technologien, die eigene Positionierung, die Stellung in der Politik und vieles mehr hoben mein Gemüt immer wieder von meinem kleinen Schreibtisch auf ein anderes Niveau. Ich merkte schnell, dass ich durch dieses Feedback anders arbeitete, anders mit Auftraggeber:innen sprach und anders auftrat. 

Ich hätte niemals diese Einsichten in die Arbeit anderer Büros erhalten und in deren Denkweisen. Der BDG hat aus vermeintlichen Konkurrenten Kolleginnen gemacht. Im BDG habe ich das bekommen, was in manchen Agenturen Insights genannt wird und das heilige Marzipan der Beratung ist. Ich war solo-selbstständig mit einer virtuellen Agentur im Hintergrund, das begeistert mich immer noch. Ich habe daher auch gerne in Kauf genommen, dass die Wochenenden mit dem BDG-Präsidium nicht die Wochenenden mit viel Schlaf oder gesunder Ernährung waren. Irgendwie haben Designer:innen gerne Lust auf Gesellschaft und sie sind, vom Biorhythmus aus gesehen, auch gerne Eulen. 

Ich habe meine Selbstständigkeit in 2003 begonnen. QuarkXpress war das führende Layout-Programm, es gab noch keine Unicode-Schriften und man musste immer noch erklären, wie man ein PDF öffnet. Der Designberuf hat die technische Entwicklung immer sehr früh adaptiert. Aus sehr vielen Berufen hat die Digitalisierung nur noch einen einzigen gemacht. Mittlerweile ist dieser Trend wieder gegenläufig: Die Spezialisierung bringt immer neue Berufe hervor. 

Heute sind die Werkzeuge von Designenden weitgehend demokratisiert. Jeder kann mit Canva schnell und ohne Vorkenntnisse gute Ergebnisse erzielen. Meine Selbstständigkeit hat diese Entwicklung parallel begleitet, sodass der Anteil klassischer Layoutarbeiten schleichend weniger wurde, dafür aber der Beratungsanteil stetig stieg, ebenso die konzeptionelle Arbeit. Eine spannende Parallele zur Designbranche insgesamt, die sich ähnlich entwickelt. Während zu meiner Studienzeit die Entwicklung von Zeichen eine exklusive Tätigkeit war, generiert jeder heute mit Hilfe von künstlicher Intelligenz in Echtzeit unendlich viele Zeichen. Wir Designer:innen werden weniger für das Erstellen von Varianten gebraucht, sondern für das Bewerten der Varianten und das Implementieren der Ergebnisse. 

Wir müssen jetzt mit dem glänzen, was eigentlich schon immer unsere Kernarbeit war: Lösungen generieren, bewerten und umsetzen. Und diesen Weg hat der BDG immer kritisch begleitet und vorgedacht, weil es alle Designer:innen betrifft. Meine Entscheidung, mich für die Branche zu engagieren, war für mich eine sehr gute Entscheidung. Ich habe stark profitiert durch Haltung, Wissen und Netzwerk  und würde es immer wieder tun.

Jetzt, nach 14 Jahren im Präsidium, ist es Zeit, neuen Köpfen und neuen Ideen Platz zu machen und anderen Designer:innen diese tollen Möglichkeiten zugänglich zu machen. Egal, ob du gerade mit deiner Selbstständigkeit beginnst oder dein Büro schon etabliert ist: engagier dich! Geh in einen Berufsverband und vernetze dich, es lohnt sich. 

Christian Büning

Zwei Männer zeigen auf ein Flipchart und bewerten die darauf notierten Ideen
Matthias Löffler (rechts) beim Ideengenerieren mit Marc Todesco. ©Simon Wehr, 2023

Die Lust im BDG aktiv mitzugestalten

Wer kennt folgendes Gefühl: Egal, ob während der Berufsausbildung als Mediendesigner, als Praktikant, als Student, als Freiberufler oder als Angestellter, man nimmt wahr, wie Freunde und Bekannte in Gewerkschaften passiv oder aktiv Mitglied sind, sich in Verbänden organisieren und wie deren Interessen vertreten werden und nach zäher Lobby-Arbeit politisch Erfolg haben. Egal, an welcher Stelle ich mich befunden habe, Vergleichbares gab es für mich als Designer nicht. Ich tröstete mich mit: »Du hast eine hippe Berufung und deine Leidenschaft zur Arbeit gemacht. Eine Gewerkschaft, welche dir eine Lohnerhöhung erkämpft, wird es nicht geben. Es ist, wie es ist.« Doch dann wurde ich auf den BDG aufmerksam und war froh, eine gleichgesinnte Gilde gefunden zu haben.

Dieser Schlüsselmoment ereignete sich im Jahr 2019. Das Bauhaus feiert sein 100-jähriges Jubiläum. Stolz auf die deutschen Errungenschaften, interdisziplinär zu denken, zu forschen und zu arbeiten, dem neuen amerikanischen Architektur-Leitsatz »Form follows function« durch die Reduktion von »Schnick-schnack und bling-bling« auf das Wesentliche weiter zu denken und so das Produktdesign weltweit zu revolutionieren. Lifestyle-Marken wie BRAUN und APPLE verdeutlichen diesen stilprägenden Effekt noch bis heute. Wie so viele andere Designliebhaber:innen auch, schaffe ich es einfach nicht, mich deren Faszination zu entziehen. Im Zuge der kulturell anstehenden Aktivitäten wurde ich zum ersten Mal auf den BDG aufmerksam.

Ein Bund deutscher Grafiker:innen bzw. Kommunikationsdesigner:innen hörte sich spannend an. Je mehr ich nun über den BDG erfuhr, umso mehr konnte ich mich mit seinen Zielen identifizieren. Ein spezielles BDG-Angebot, Rabatt auf den ersten Mitgliedsbeitrag, und die Chance, bei der 100-Jahr-Feier, der Hauptversammlung und dem Werkstattbesuch bei Erik Spiekermann in Berlin dabei sein zu dürfen, führten zu dem Entschluss, »Ich will und muss BDG-Mitglied sein«. Der Roadtrip nach Berlin wurde besiegelt und mit Besuchen bei Freunden, Familie und Bekannten kombiniert, die sich auf dem Weg befanden. Wichtigster Zwischenstopp war natürlich Weimar, wo ich couch-surfend das kulturelle Bauhaus in Museen und Ausstellungen nah und vor allem neu erleben konnte. Dann war ich angekommen im BDG, im Netzwerk von Gleichgesinnten. Ich konnte zuhören, mich austauschen, habe Leute aus dem Präsidium kennengelernt und wild über aktuelle Themen diskutiert – feucht-fröhlich bis tief in die Nacht. Durch den Perspektivwechsel, den ich im Diskurs gewonnen hatte, kam die Erkenntnis, wie sehr sich doch mein Horizont erweitert hat.

Ich war beeindruckt von der familiären Stimmung voller Offenheit bei klarer Haltung und Positionierung zu aktuellen Themen. Ich fühlte mich bestätigt, mich für diesen Roadtrip nach Berlin und die BDG-Mitgliedschaft entschieden zu haben, trotz damit verbundener Kosten und dem Zeitaufwand, welcher eine gewisse Überredungskunst gegenüber meiner Frau und unserem ersten Baby bedurfte, »mal einfach so eine Woche on tour und somit weg zu sein«.

Dann kam Covid-19 und alle schienen in eine Art mehrjährigen Winterschlaf zu fallen, Themen und Prioritäten verschoben sich. Das Homeoffice wurde zum Alltag. Das Gefühl zu reisen verschob sich in die Virtualität. Und man lernte nun, kreative Kundenworkshops aus der Ferne zu meistern. Die Bedeutung, den BDG zu unterstützen, wuchs stetig. Jemand anzugehören, der unsere beruflichen und persönlichen Interessen sozial und vor allem politisch vertritt, ist ein Mehrwert, den ich nicht mehr missen mag.

Im Herbst 2023 fanden die regionalen Treffen statt und die Planung für die BDG-Hauptversammlung lief auf vollen Touren. Wie schön war es, sich wieder in Person treffen zu dürfen. Ich fasste nun endgültig den Entschluss, mich aktiv im Präsidium engagieren zu wollen. Ich möchte Themen, für die ich leidenschaftlich brenne, im BDG vorantreiben und als Ansprech- und Diskussionspartner dienen. Dazu gehören die Design- und Unternehmensberatung, die Mensch-Maschinen-Interaktion, die Erweiterte Realität (z.B. Virtual, Augmented und Mixed Reality), Designen für KI und Designen mit KI.

Matthias Löffler

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